WHITE-DOG-GALERIE
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Ausstellung Städtische Galerie Speyer |
Heike Negenborn
„Blickfelder – Landschaft als Denkraum“
10.10. – 23.11.2025
Mit der Ausstellung „Blickfelder“ präsentiert die Städtische Galerie Speyer einen umfassenden Überblick über das Werk von Heike Negenborn, einer der profiliertesten Landschaftskünstlerinnen der Gegenwart. Gezeigt werden Arbeiten aus über zwei Jahrzehnten, die eindrucksvoll belegen, wie konsequent und zugleich vielschichtig die Künstlerin das Thema Landschaft als Lebensraum erforscht und künstlerisch transformiert.
Im Zentrum ihrer Bildsprache steht die Konstruktionszeichnung – nicht nur als formales Mittel, sondern als konzeptuelle Reflexion über die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Negenborn kombiniert analoge Techniken der Malerei und Druckgrafik mit digitalen Bildprozessen und schafft so hybride Bildräume, die zwischen Realität und Fiktion oszillieren. Ihre monumentalen Panoramen mit tief liegenden Horizonten und dramatischen Wolkenformationen erinnern bewusst an die niederländische Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts, werden jedoch durch zeitgenössische Mittel und Perspektiven neu inszeniert.
Dr. Annette Reich, stellvertretende Direktorin und Leiterin der Gemälde-und Skulpturensammlung des Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, würdigt die Künstlerin mit den Worten: „Heike Negenborn gelingt es, die Landschaft nicht nur als Bildmotiv, sondern als Denkraum zu begreifen – ihre Werke sind visuelle Essays über die Gegenwart.“
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Netscape – Landschaft im Wandel
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Ein Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf der Werkserie „Netscape – Landschaft im Wandel“, die sich mit der digitalen Transformation unserer Umwelt auseinandersetzt. In diesen Überblickslandschaften kombiniert Negenborn Erd- und Wolkenfragmente mit perspektivisch konstruierten Gitternetzen, die sich in digitale Pixel auflösen und zu sogenannten „Netscapes“ mutieren. Die Rasterstruktur basiert auf Methoden der Zentralperspektive aus der Renaissance und klassischen Vermessungstechniken – sie verleiht den Werken Tiefe und macht die Konstruktion sichtbar.
Die Serie thematisiert die zunehmende Überformung der Landschaft durch menschliche Eingriffe und digitale Bildprozesse. Schwarzweiß- und Grautöne dominieren die Farbpalette und unterstreichen die Künstlichkeit der Kulturlandschaft. Gewaltige Wolkenformationen, die eruptiv über das Raster hinauswachsen, fungieren als Metaphern für eine autonome, analoge Realität – ein visueller Widerstand gegen die digitale Strukturierung.
„Netscape“ wurde mehrfach ausgezeichnet und in Verbindung mit früheren Werkgruppen unter dem Titel „Terra Cognita“ in renommierten Museen und Kunstinstitutionen gezeigt. Die Weiterentwicklung der Serie wurde durch Stipendien von NEUSTART KULTUR, der Stiftung Kunstfonds Bonn (2021) sowie durch den Kunstpreis der Ike und Berthold Roland-Stiftung (2024) gefördert.
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Bildsprache und Methode
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Heike Negenborns Arbeitsweise basiert auf präzisen Recherchen in der Natur. Sie vermisst Bäume, Felder und Gebirge und überträgt diese Daten in perspektivisch strukturierte Bildräume. Die bewusst gesetzten Linien und digital gemalten Pixel verweisen auf das 21. Jahrhundert und definieren die Landschaft als menschengemachte Kulturlandschaft. Ihre Werke entstehen in Acryl auf Leinwand oder Holz, ergänzt durch Druckgrafiken, Zeichnungen und digitale Vorstudien.
Seit 2020 nutzt sie vermehrt die Möglichkeiten von Photoshop zur Komposition und Präzisierung ihrer weiterhin analog gefertigten Arbeiten. Auch in vermeintlich bekannten Regionen wie dem rheinhessischen Tafel- und Hügelland („Terra Cognita“) entdeckt sie neue Perspektiven, die sie zeichnerisch und fotografisch festhält und in ihrem „Naturarchiv“ verarbeitet.
In ihrer aktuellen Serie „Korrespondenzen“ präsentiert Heike Negenborn kleinformatige Papierarbeiten, in denen sie eigenhändig erlebte Landschaften mit Himmeln aus der Kunstgeschichte und aus ihrem persönlichen Bildarchiv kombiniert. Titel wie „Van Ruisdael in Rheinhessen“ oder „Friedrich in Arboras“ verdeutlichen die dialogische Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart. Mit dieser künstlerischen Praxis stellt sie sich in eine Traditionslinie, die unter anderem auch von Asger Jorn geprägt wurde: das Weiterdenken, Variieren und Aktualisieren bestehender Kunstwerke. Negenborns Interventionen hauchen historischen Bildwelten neues Leben ein und verankern sie im Hier und Jetzt.
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Biographie
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Heike Negenborn wurde 1964 in Bad Neuenahr-Ahrweiler geboren und lebt heute in Windesheim (Rheinland-Pfalz). Ihre künstlerische Ausbildung begann am Washington College in Maryland (USA), führte über das Austin College in Texas (USA) zum Diplom in Freier Bildender Kunst an der Kunsthochschule Mainz bei Prof. Peter Lörincz.
Seit 1989 realisiert sie regelmäßig mehrmonatige Landschaftsprojekte in Deutschland, Frankreich, Spanien und weiteren Ländern. Ihre Werke wurden in zahlreichen Museen und Galerien präsentiert, darunter das Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern, das Museum Wilhelm Morgner Soest, das Stadtmuseum Siegburg, die Galerie Hübner & Hübner Frankfurt am Main, die Galerie Peter Zimmermann Mannheim sowie die Galerie Poll Berlin.
Auszeichnungen umfassen unter anderem den Wilhelm-Morgner-Preis für Malerei (2016), den Pfalzpreis für Bildende Kunst (2018) sowie ein Stipendium der Stiftung Kunstfonds Bonn (2021). Zuletzt wurde sie 2024 mit dem Kunstpreis der Ike und Berthold Roland-Stiftung geehrt – die Verleihung fand im Rahmen ihrer Ausstellungseröffnung in Mannheim statt.
Ihre Werke sind Teil bedeutender öffentlicher Sammlungen, u. a. der Kunstsammlung der Bundesrepublik Deutschland, des Hokkaido Museum of Modern Art (Japan), des Musée Pierre-Boucher (Kanada) und im Museum Pfalzgalerie Kaiserslautern.